Weihnachten! Und was nun?

Von Bernhard Krebs

So, und jetzt ist Weihnachten. Blöde Sache. Waren die vergangenen Wochen noch ausgefüllt von Weihnachtsfeiern, Sitzungen und Saisonplanungen, gibt es als Vereinsfunktionär jetzt erstmal nichts mehr zu tun. Familie statt Verein, Vater statt 1. Vorsitzender. Und die Jahreshauptversammlung gibt es erst im Neuen Jahr. Blöde Sache. Wirklich.

Vereine sind immer auch Tradition. Und sie pflegen Rituale. Wie viele ihrer Vorstandsmitglieder. Zum Beispiel ein guter Freund, der als Vereinskassier ein Jahr traditionell mit einem guten Vorsatz beendet: „Ich werde zwischen den Jahren all das abarbeiten, was liegen geblieben ist. Ich werde endlich alle Belege abheften, dokumentieren und das Kassenbuch auf seinen aktuellen Stand bringen.“

Dieser Vorsatz ist nicht virtuell, sondern hat sich bereits mit der Wahl zum Kassier vor mittlerweile 15 Jahren zu einer banalen Aktentasche mit wechselndem Inhalt materialisiert. Sie wartet seit anderthalb Jahrzehnten darauf, in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr geöffnet zu werden. Vergebens.

Ein anderer Freund ist in seinem Verein Schriftführer. Er schreibt nicht nur gerne, sondern auch gut – seine Dokumentationen der Vereinsarbeit sind stets ein Stück Literatur, an dem sich Vereinsmitglieder wie die örtlichen Medienvertreter erfreuen.

Zwischen Weihnachten und dem Drei-Königsfest hätte er genügend Zeit, endlich den lang geplanten Roman in Angriff zu nehmen. Doch ohne Verein leidet der Freund an einer Schreibhemmung erster Güte. Kein Termindruck, kein Text, so einfach ist es.

Die Vereinssportler in meinem Bekanntenkreis haben die Qual der schlechten Wahl: Entweder sie riskieren aufgrund wiederholter Fitness-Studio-Besuche den Familienfrieden, verweigern die Plätzchen der Scheidungsbereiten Ehefrau oder „fressen“ sich in wenigen Tagen mehrere Kilogramm an. So oder so, es gibt kein Gewinnen, nur ein Verlieren.

Ja, die Musiker haben es besser. Aber nur auf den ersten Blick. Achten sie nämlich im Chor oder Orchester auf ein hohes Qualitätsniveau, klingt „Leise rieselt der Schnee“ vorm Weihnachtsbaum wie … nun ja, wie: „Leise rieselt der Schnee“.

Schließlich der Freund, der als 1. Vorsitzender die Zügel in seinem Verein fest in Händen hält. Zwei Wochen ohne Podium, auf dem er seine Macht entfalten kann; dafür eine gestresste Mutter seiner quengelnden Kinder. Innerhalb kürzester Zeit bröckelt seine Autorität.

Und wenn er Pech hat, verschwindet sie und kommt nimmer mehr. Spätestens dann denkt der im innersten Kern getroffene 1. Vorsitzende an Rücktritt und Neuwahlen. Aber wer soll sein Nachfolger werden: Der Übergewichtige, die Schreibhemmung oder jener, der keine Aktentasche öffnen kann?

Es ist also Weihnachten. Blöde Sache.

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