Eine Kindheit im Verein: Alte Fotos

Kennt Ihr das auch? Nach langer, langer Zeit stolpert man im Keller über einen großen Karton, öffnet ihn neugierig – und ist plötzlich in seine Kindheit versetzt. Denn in dem Karton sind Fotoalben … Fotoalben mit Erinnerungen an Familienfeste, Ausflüge und an die Zeiten, in denen man sich in Vereinen seine erste Urkunde bzw. ersten kleinen Pokal verdient hatte. Schwarz-weiß-Fotos oder Polaroid-Kameras aus den 60gern und 70gern mit Wohlstandskindern in Unterhemden mit aufgestickten Emblem. Schöne Zeiten, manchmal auch peinliche Erinnerungen. Oder auch nicht.

Zugegeben, dieser Zeitsprung passiert nur Leuten, die ihre Kindheit vor der massenhaften Ausbreitung der Digitalkamera erlebt haben. Denn damals kostete noch jeder Drücker auf den Auslöser richtig Geld. Ob teure Spiegelreflex oder billige Ritsch-Ratsch-Klick-Pocketkamera – die Wahrheit über die Qualität des Fotos brachte keine Vorschau-Funktion, sondern erst der Blick in das schmale Heftchen mit den entwickelten Fotos und den Negativen (!!) ans Licht. Das war richtig spannend!

Wie langweilig dagegen die heutigen Möglichkeiten. Man drückt auf den Auslöser, schaut nach (Wie nervig ist doch dieses „Darf ich auch mal sehen?“), drückt nochmal oder auch nicht. Wenn es nicht ganz passt, dann helfen Bildbearbeitungsprogramme, von denen nicht nur Rote-Augen-Menschen profitieren.

Und das oberste Doppel-Gebot des neuen Zeitalters heißt: Action & Smile! In besonderer Weise kommt dies in sogenannten SELFIES zum Ausdruck, wenn breit grinsende, junge Menschen den Blick von oben auf den schmalen Brustkorb oder in den Ausschnitt richten. Das aber ist eine andere Geschichte in einem anderen Blog….
Zurück zum Vereinsfoto längst vergangener Zeiten: Sie gleichen sich – völlig losgelöst von der Sportart – in ihrer Dramaturgie (mehrere Menschen in einer oder zwei Reihen), in ihrem Style (Einheits-Topf-Schnitt bei den Buben, brav gekämmte, lange Haare bei den Mädchen) und in ihrer Aussage (STOLZ über etwas Erreichtes bzw. Gewonnenes!!!).

Nicht selten verdecken große Urkunden die Körper und manch Gesicht, die Dynamik nährt sich einzig aus dem betont angespannten Strammstehen der Hauptdarsteller auf dem Bild. In diversen Fotoalben sind es zudem nicht die Fotos, sondern alte Zeitungsausschnitte, die von den Erfolgen längst vergangener Zeiten erzählen – verblichen und unscharf regen sie nach dem Prinzip „Nur ich weiß, wer auf dem Foto drauf ist und wo er steht“ die Fantasie der Erinnerung an.

Zwar wissen wir nicht mehr, wie der Junge heißt, der neben dir/uns? auf dem Foto zu sehen ist. Wir wissen aber mit Bestimmtheit, dass die Turnhose, die man trug, drei Streifen oder eine springende Raubkatze zierten. Genau: Neben den einheitlichen Trikots waren dies die Zeichen, die eine professionell geführte Mannschaft, einen erfolgreichen Sportler auszeichnete.

Ich sehe mir sehr gerne alte Fotos an. Denn sie berichten auch von meiner Kindheit im Verein. Und auch, wenn mein Fotoalbum dem unzähliger Menschen ähnelt, so ist es doch meine ganz persönliche Geschichte.

Es waren schöne Zeiten.

 

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